Was ist der Mensch?

9.4.2006

Was ist der Mensch?“ - Künstler geben Antwort

Vier Kunstschaffende werden in der evangelischen Kirche Stetten ab 9. April einen Beitrag zu einer uralten Frage leisten / Vortrag, Workshop Kernen-Stetten (red). Vier Künstler werden Bilder, Skulpturen und Objekte zur Ausstellung “Was ist der Mensch?“ in der evangelischen Dorfkirche in Stetten beitragen: Max. G. Bailly, Ubbo Enninga, Jürgen Escher und Jan F. Welker. Am Sonntag, 9. April, ist die Vernissage um 17 Uhr. Die Kirche als Ausstellungsforum. Und eine Frage, die heute wieder Hochkonjunktur hat: Woher kommt, wohin geht und was ist die Quintessens des Menschen? Seit 1990 veranstaltet die evangelische Kirchengemeinde in Stetten Kunstausstellungen mit Werken namhafter Künstler. Das Gotteshaus aus dem 17. Jahrhundert mit seinen ungeschmückten Wänden und der breiten Empore bietet sich dafür geradezu an. Dank der engagierte Arbeit eines kunstbegeisterten Arbeitskreises und mit der Unterstützung der Kirchengemeinde entstanden Ausstellungen, die zum festen Bestandteil des Kulturlebens im Ort wurden. Nun beschloss der Arbeitskreis, erneut eine thematisch ausgerichtete Ausstellung mit nicht mehr als vier Künstlern zu planen. Diese Akteure sollen mehr in den Mittelpunkt der Ausstellung rücken, wobei möglichst viele Werke präsentiert werden. Das Thema: „Was ist der Mensch?“ Eröffnet wird die Kunstschau am Sonntag, 9. April. Pfarrer Dr. Peter Haigis wird dort am Freitag, 5. Mai, den Vortrag halten: „Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, Gott - Skizzen zum biblischen Menschenbild“. Mit dem Maler Max G. Bailly ist für Samstag, 13. Mai, im evangelischen Gemeindehaus ein Workshop geplant. Überschrift: „Wer bin ich?“ - mit Stift und Pinsel auf dem Weg zur eigenen Mitte. Die Frage nach dem „Menschen“ hat heute (wieder) Hochkonjunktur. Initiatoren der Schau wie Kunstschaffende wollen darüber nachdenken, was wir sind. Und wenn dabei nur so viel herauskommen sollte, dass der Mensch im Grunde ein „homo interrogans“ (ein fragender Mensch) ist, einer, der durchs Fragen über den Augenblick hinausdenkt. Ergebnis des Fragens könnte auch Bescheidenheit sein. Die Ausstellung soll, schreibt die Kunsthistorikerin Krisztina Mangold, offen und vieldeutig wirken. Zusagen gibt es von Max G. Bailly (Maler, ehem. Dozent an der Freien Kunstschule in Nürtingen), Ubbo Enninga (Bildhauer, ehem. Dozent Kunstakademie Stuttgart), Jan F. Welker (Maler, Waiblingen) und Jürgen Escher (Fotograf).

Die Kunst von heute handelt wieder von dem Menschen. In den vergangenen Jahrzehnten hatte das Thema an Gewicht verloren. Kehrt die Kunst wieder zu den Vorstellungen des 19. Jahrhunderts zurück, als der Mensch der vornehmste Gegenstand der Kunst war? Mangold verspricht den Besuchern: „Wir werden sehen: Hier erscheint nicht die Vergangenheit. Diese wird überwunden.“ Die Werke von Jan F. Welker zeigen die wichtigsten Kunstphänomene unserer Zeit: Serien, Übermalungen und Collagen. Seine Serien spielen mit der Darstellung der „Zeit“ im Kunstwerk. Das Bild soll nicht nur eine Momentaufnahme sein, nicht einen Moment aus dem Fluß der Zeit herausgerissen darstellen. Das Bild soll den Verlauf einer bestimmten Zeit einfangen, die Gleichzeitigkeit aufeinander folgender Geschehnisse darstellen. Das Werk von Ubbo Enninga ist vielfältig. Schwere, voluminöse Skulpturen und sensibel verarbeitete, filigrane Plastiken bilden die beiden Pole. Enninga setzt dem Menschen in zeitloser Präsenz ein Denkmal. Seine Arbeiten sind mythische und magische Menschen-Bilder. Sehr poetisch. Der Künstler Max G. Bailly hat den Kreuzweg in 15 Bildern gemalt. Er sieht in diesem Weg ein Ur-Muster unserer menschlichen Existenz. Es geht ihm nicht um einen Nachvollzug des Leidensweges, um Buße. Ihm geht es vielmehr um Wahr-nehmen, um Selbst-finden, um ein Er-kennen. Dieser Weg, das Leiden, kann nämlich unser eigener Lebens-Weg sein, mit allen Aspekten und Facetten unseres Da-Seins. Und mit der erlösenden Möglichkeit eines neuen Beginns und des Hinführens auf etwas Neue: auf die 15. Station.

Die eindringlichen Porträts von Jürgen Escher und die dazu gehörenden Begleittexte von Christian Frevel entstanden in der Republik Kongo, Uganda, Burundi und Ruanda. Die Porträtfotografien Eschers vermitteln ein ganz individuelles Bild der Menschen in Afrika. Eschers Bilder meiden das Sensationelle, meiden die europäische Attitüde des Mitleids und die ethnografische Neugier. Seine Porträtierten strahlen Selbstverständlichkeit und Selbstbewusstsein aus. Er bringt mit seinen Fotoarbeiten diese Afrikaner in Augenhöhe.

"Die Werke von Jan Welker zeigen einige wichtige Kunstphänomene unserer Zeit: Serien, elektronische Bildbearbeitungen und Übermalungen. Die Serie ist dadurch entstanden, dass sich der Künstler in verschiedenen Bewegungen mit einem Selbstauslöser abgelichtet hat. Eine Serie kann genau das andeuten, was die Malerei sonst nie kann. Ein Bild zeigt nämlich nur eine Momentaufnahme, die Serie hingegen täuscht uns vor, den Verlauf einer bestimmten Zeit einfangen zu können. Sie wirkt wie die Sequenzen eines Filmes. (Welker spielt gern mit der Darstellung der "Zeit³ im Kunstwerk.) Auf diesen kleinen Fotos setzt der Künstler sich selbst in Szene. Er ist der Hauptdarsteller. Dazu gehört schon großer Mut! Der Künstler benützt den eigenen Körper als gestalterisches Mittel. Mit ihm stellt er ausdrucksstarke Bewegungen dar, die unterschiedlichste Gefühle zeigen. Selbstbildnisse gehören zu den häufigsten Themen des Künstlers. Meistens fotografiert er sich selbst. Dann bearbeitet er das Bild entweder elektronisch, oder mit Pinsel. Der Künstler probiert es aus, wie weit er das vorhandene Bild umdeuten kann, verändern kann. (Dabei bleiben immer Fragmente des Ausgangsproduktes, des bearbeiteten Bildes sichtbar.) Oft sind es auch Porträts von anderen, die er malt oder ein Foto von Ihnen mit der Technik der Übermalung bearbeitet. (Er tastet sich an einen bestimmten Ausdruck heran.) Die Gestalten blicken frontal aus dem Bild oder sind im Profil dargestellt. Es geht hier nicht um die individuellen Gesichtszüge eines Mannes oder einer Frau. Es geht bei ihm um einen Ausdruck, der mal grotesk, mal tragisch, mal schonungslos, mal nachdenklich ist. Eine eigene Werkgruppe bilden beim Jan Welker die Bilder, die sich mit den Themen: Leben und Tod, Töten und Sterben, Leid und Krieg beschäftigen. Auf dem Gruppenbild scheinen Menschen einen Sterbenden zu umgeben, der von einem unwirklichen Licht von oben beleuchtet ist. "zwischentlich³ heißt eine Darstellung mit drei sitzenden Soldaten. Der Künstler sagt dazu: "Abgebildet ist hier das Warten. Ein Schwebezustand. Worauf warten die drei Soldaten? Werden sie Täter oder Opfer? Was war? Was wird passieren?³ Auf dem großen roten Bild sieht man eine Hinrichtung. Es sind mit den Füßen aufgehängte Gestalten ohne Plastizität, ohne Volumen. Zu diesem Bild passt der Gedanke des Sophokles über den Mensch: "Viel ungeheures ist, doch nichts ist so ungeheures wie der Mensch³. Und bei allen Arbeiten Jan Welkers ist deutlich zu erkennen, dass die ausdrucksstarken Farben zu den wesentlichen Bestandteilen seiner Malweise gehören. Die rote Farbe steht für Agression, Blut und Feuer. Die blaue Farbe hingegen senkt sich in die Tiefe und wirkt beruhigend. Diese und andere Farben sind visualisierte Gefühle - sagen die Psychologen. Farben können angeblich sogar unseren Körper beeinflußen, z.B. Atemfrequenz und Herzschlag erhöhen, Ruhe, Angst oder Aggression hervorrufen.

Jan Welker baut seine Kunst ganz bewusst auf die Wirkung der Farben auf."

Kristzina Mangold

Bilder, Skulpturen und Objekte

Max G. Bailly
Ubbo Enninga
Jürgen Escher
Jan F. Welker

Evangelische Dorfkirche Stetten im Remstal

Sonntag, 9. April, um 17 Uhr
Begrüßung: Dr. Peter Haigis
Einführung: Krisztina Mangold
Musik: Heinz Böttcher, Rudi Schmid
Ausstellungsdauer 9. April - 14. Mai 2006

Vortrag

Freitag, 5. Mai, um 19 Uhr
Vortrag: Dr. Peter Haigis
Musik: Heinz Lenz, Rainer Schlegel

„Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, Gott - Skizzen zum biblischen Menschenbild."

*aus der WKZ 28.3.2006

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