Von weitem hält sie uns fest im Blick. Stolz aufgerichtet, den Rücken durchgedrückt und den Oberkörper herausfordernd gereckt zieht sie den Betrachter an und hält ihn gleichsam auf Abstand. Der rechte Arm ist nach vorne gereckt, als wolle sie das Bild gerade rücken, die linke Hand bleibt lasziv in die Seite gestemmt. Das Gemälde von ihr, der jungen Frau mit welliger, fast strahlenhafter Frisur und starkem Ausdruck, ist groß, sie ist übergroß: „Bigger Than Life“. Eine Schauspielerin ist zu sehen, unschwer erkennt man Marilyn Monroe, aber sie spielt hier ihre eigene Rolle, liefert ein Bild für ihr Image. Die Linie ihrer Augenbrauen spricht Bände. Hier möchte man stundenlang in Zwiesprache treten. Das Gemälde „Marylin“ ist eine Grisaille, d.h. es zeigt farblich eine reiche Palette von Grautönen, die ins Bläuliche spielen.
Diese duotone Kolorierung kennt man aus alten Fotografien, die für dieses Gemälde auch zugrunde gelegt wurden. Es ist sicherlich 60 Jahre her, dass Marylin in diesem Alter war. Es gelingt Jan F. Welker jedoch nicht nur aufgrund der überlebensgroßen Darstellung mittels Malerei und seiner subjektiven Handschrift dieser schon oft künstlerisch bearbeiteten Diva – wir erinnern uns an die in allen Farben durchdeklinierten Marylin-Köpfe Andy Warhols – eine neue aktuelle Dimension hinzuzufügen. Marylin kam nicht allein ins Zeitungshaus, zu ihrer Seite stehen heute Jack Nicholson und Audrey Hepburn – auch hier Ikonen eines längst hinter uns liegenden 20. Jahrhunderts. Gemeinsam ist allen, dass Welker sie sehr nahe an uns heranführt, teils dramatisch anschneidet und den Bildrahmen sichtbar thematisiert. Hepburns Hand liegt am Rahmen eines Fensters. Sie sind quasi im Begriff aus dem Bildrahmen zu steigen, uns aus der Vergangenheit ins Heute entgegenzutreten. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich nicht, wie einst Jack Nicholson, zum Türe öffnen eine Axt mitbringen.