Welt inmitten üppigen Grüns: eine Art nacktes Terrarium. In der Hocke kauert eine Frau in dieser Vitrine. Sie ist im engen Kleid im engen Raum, ganz im gläsernen Eck. Allseitig verglast, hat sie freie Sicht nach draußen, freie Sicht hätten, wenn es sie gäbe, Betrachter auf sie. Unsicher ist das andre Eck, in dem sie nicht ist: ein Vorhang hängt da, eine Skeletthand winkt; dunkel ist es dort, der Tod vielleicht. Kein Raus, kein Vor, kein Zurück gibt es also, nur die Transparenz rundum, die sie trennt, wovon auch immer; von allem. Ein schmaler Käfig aus Glas ist Bühne, Spielraum des Handelns. Vielleicht fordert er sie, allein durch sein Dasein, allein durch den Mangel an Alternativen, auf: und nun, Frau, lebe, wie es geht! Wie klein der Lebensraum, wie allein das Ich in seinen eingeschränkten Möglichkeiten sein kann! Nie hätte es unter hohem Himmel und heller Weite wohl, als es unbedingt war und an all die Kreuzungen kam mit Abzweigungen nach überall, gedacht, dass die Welt (schon bevor man am Ende ist) auf solch ein kleines Ausmaß sich verringern könne, vor allem, wenn man größer denken kann, als leben, größer verstehen, als leben.
Ein nicht Sichtbares trennt wie ein Näheverbot. Die anderen können nicht dahinter, die Frau kann nicht heraus, denn sonst erreichte einer den anderen. Schutz oder Haft? Und doch gelingt ihr, schreibend, ein Verlassen des Käfigs. Sie sendet Botschaften aus dem Abgegrenzten, schreibt, in Rot, mit Lippenstift, den die Lippen auch gar nicht brauchen dort hinterm Glas, so tonlos, so kusslos, - schreibt in Selbstergreifung für sich, oder in Hinwendung an die anderen, das Wort "Welt". Keine Resignation von ihr auf die Begrenzung.
Sie hat einen Weg gefunden: Sie macht ausgerechnet die Begrenzung zum Medium für deren Überschreitung.
S.
2006
öl, acryl, leinwand
150 x 210
cm