LANDGANG
Die Kinder gedeihen
direkt vom Erzeuger, Mutter wird achtzig
und will noch immer –
kauf dir was Schönes –
dass wir Geld nehmen bei jedem Abschiedsbesuch.
Ihre Katze fällt stets auf die Pfoten:
Auf dem Nachttisch liegt offen bäuchlings
das zerrupfte Heilige Buch.
Nachmittags hängen wie Steilwandzelte
über dem Abgrund
die schwarzweißen Kühe, Dorfschönheiten,
Schandflecken hinterlassend,
während in den Sakralbauten der Biogasanlagen
der Weihrauchduft des Methans
die Ministranten betäubt: Deere,
der Sommer war groß –
deine Feldspritze spannte
weit ihre Flügel aus,
und süßliche Aerosole flogen
im Ostwind bis ins Haus.
Straßenbäume, im Licht verästelt,
Niesel, von Masten über den Himmel gespannt,
und Landmaschinen von Mengele
ziehen Spuren
über das Land.
In Schlachterschürzen mit dem Hochdruckreiniger
stehn die Nachbarn im betonierten Leben.
Einer macht den Kofferraum auf,
ein Kurzhaar
springt heraus,
jagt aus dem Bild.
Die Heckklappe schließt sich,
auf der Scheibe kleben
>Maria on Board<
und die Silhouette von Sylt.
aus: Ulrich Koch: „Dies ist nur der Auszug aus einem viel kürzeren Text“,
Jung und Jung Verlag 2021
2019
öl, eitempera, acryl, leinwand
125 x 100
cm